Wenngleich jeder Hühnerhalter gesunde Tiere in seinem Bestand haben möchte, sieht die Realität anders aus. Krankheiten beim Huhn können mannigfaltige Ursachen haben. Um sowohl dem erkrankten Tier frühstmöglichst zu helfen, als auch den restlichen Bestand zu schützen, muss das erkrankte Huhn als solches erkannt werden.
Doch was bedeutet ‚krank‘? ‚Krankheit‘ lässt sich laut Weltgesundheitsorganisation folgendermaßen in Abgrenzung zu ‚Gesundheit‘ definieren: „Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“ Diese Definition findet auch für Tiere Anwendung und zeigt, dass das kranke Huhn per se ein weites Feld ist.
Die Gründe für Krankheiten sind vielfältig
Gründe für Krankheit können Bakterien, Viren, Pilze, Vergiftungen, Vitaminmangelrescheinungen, Legenot, Endo- und Ektoparasiten sein. Fakt ist, dass Krankheiten existent sind und trotz größter Bemühung des Hühnerhalters, seine Tiere ideal zu halten und zu versorgen, auftreten können. Entgegen der teils vorhandenen Ansicht, dass ein krankes Huhn leicht zu erkennen sei, ist genau das Gegenteil der Fall.
Hühner versuchen Krankheiten zu maskieren
Hühner sind Fluchttiere und von Natur aus Beutetiere. Ein offensichtlich krankes Huhn wird von der Hühnerherde ausgestoßen. Wenn es die Aufmerksamkeit eines Räubers auf sich ziehen würde, wäre die gesamte Gruppe in Gefahr. Dieses angeborene Verhalten zeigt sich noch heutzutage bei dem in Menschenobhut gehaltenen Haushuhn. Hühner ‚maskieren‘ daher ihre Erkrankung. Das ‚kranke Huhn‘ ist oft sehr krank, da es seinen verminderten Gesundheitszustand so lange wie möglich verborgen hielt.
Allgemeine Symptome des kranken Huhnes
Ein offensichtlich erkranktes Tier bedarf der sofortigen Aufmerksamkeit des Hühnerhalters. Zwischen Symptomen und potentiellem Tod kann eine sehr kurze Zeitspanne liegen. Mögliche, allgemeine Krankheitssymptome sind Apathie, Freßunlust, blasser oder dunkel verfäbter Kamm, struppig wirkendes, aufgeplustertes Gefieder, Abnahme bis Einstellen der Legetätigkeit, Absonderung von der restlichen Hühnerschar, Durchfall, hörbare Atemgeräusche, Schnabelsperren, fauliger Geruch aus dem Schnabel, Nasenausfluss, Gangunsicherheit bis Niederfallen, erhöhtes Schlafbedürfnis, Fieber, Krämpfe und die Verfärbung der Iris.
Erste Maßnahmen bei erkrankten Hühnern
Sollten Sie ein krankes Huhn in Ihrem Bestand entdeckt haben, so separieren Sie es bitte umgehend von den übrigen Tieren. Das Tier sollte ausreichend warm, zugfrei und in ruhiger Umgebung untergebracht sein, sowie frisches Wasser und Futter zur Verfügung gestellt bekommen.
Die Krankheit muss eindeutig identifiziert werden, damit Ihr Huhn optimal behandelt werden kann. Gegebenenfalls ist die Gabe von bestimmten Medikamenten notwendig, welche nur ein Veterinärmediziner verschreiben darf. Lebenswichtig für das Huhn ist, dass eine sachkundige Person sich seiner annimmt.
Bei Bedarf müssen Sie sich an einen vogelkundigen Tierarzt wenden, welcher auch Geflügel behandelt. Tieruniversitäten verfügen meist über Abteilungen für Geflügel. Es mag vorkommen, dass Ihr Huhn noch vor Behandlungsbeginn verstirbt.
Zum Schutz der restlichen Hühnerherde ist es empfehlenswert, die Todesursache bestimmen zu lassen. Hierzu können Sie den Hühnerkadaver an das entsprechende Institut einer Tieruniversität zur Sektion einschicken oder abgeben. Gegen eine Gebühr bekommen Sie nach einigen Tagen einen Obduktionsbericht mit der Nennung der Todesursache zugesandt.
Die Erstbeurteilung durch den Hühnerhalter
Bei Krankheitsverdacht sind Sie als Hühnerhalter gefragt. Sie sehen Ihre Tiere regelmäßig und ein verändertes Verhalten wird Ihnen zuerst auffallen. Um den Gesundheitszustand eines Huhnes einschätzen zu können, auch als nicht Veterinärmediziner, müssen Sie des Tieres habhaft werden. Hier zahlt es sich aus, wenn Sie zutrauliche Hühner haben, welche sich ohne stressige Einfangprozedur hochheben lassen. Ansonsten stehen Ihnen verschiedene Hilfsmittel wie ein Kescher zur Verfügung. Falls Sie nicht akut handeln müssen, können Sie auch bei Dunkelheit ein Huhn von der Stange ‚pflücken‘. Bei der Erstbeurteilung durch den Hühnerhalter wird, ähnlich wie beim Tierarzt, zuerst eine Gesamtschau ermittelt.
Wie wirkt der Allgemeinzustand des Huhnes? Schauen Sie sich Ihr Tier, angefangen vom Kopf aus, an. Ist die Farbe der Iris unverändert? Reagiert die Pupille auf Licht und zieht sich zusammen? Ist der Blick klar? Sind die Nasenlöcher frei? Hat das Huhn hörbare Atemgeräusche; ist die Atemfrequenz regelrecht? Das Öffnen des Schnabels wird nicht jedem Halter gelingen, um Aussehen und Geruch zu beurteilen. Grundsätzlich obliegt die Diagnosestellung immer dem Tierarzt und es geht um eine erste Evaluation durch den Halter. Die ‚Untersuchung‘ durch Sie ersetzt keineswegs einen Tierarzt. Fühlen Sie das Brustbein Ihres Tieres ab. Bei spitz zu fühlendem Brustbein ist das Huhn mager, bei wenig zu fühlendem Brustbein ist ihr Huhn adipös (fettleibig).
Um Veränderungen feststellen zu können, sollten Sie alle Ihre Hühner in regelmäßigen Abständen untersuchen. So sind Ihre Tiere die Prozedur gewöhnt und Sie können besser Veränderungen feststellen. Sind Ektoparasiten zu sehen? Vergessen Sie nicht einen Blick unter die Flügel des Tieres und schauen sich dessen Beine inklusive Krallen an. Ist das Gefieder glänzend oder struppig und wirkt aufgeplustert? Fehlen Federn im Gefieder und wenn ja, wo? Ist die Kloakengegend sauber?
Typische Merkmale einiger Hühnerkrankheiten
An dieser Stelle werden typische Merkmale einiger Hühnerkrankheiten genannt. Die Beschreibung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keinen Tierarztbesuch. Im Zweifel sollten Sie einen vogelkundigen Veterinärmediziner zu Rate ziehen.
Die Mareksche Erkrankung ist eine meldepflichtige Viruserkrankung, welche die Nervenbahnen, die Augen oder die Organe befallen kann. Eine Kombination des Befalls ist möglich. Diese Viruserkrankung kann sich zur Seuche entwickeln. Erkrankte Tiere zeigen mitunter eine Gangunsicherheit, eine grau-grünliche bis grau-bläuliche Iris und eine nicht Licht reagente, verengte Pupille.
Bei der Kokzidiose, auch Rote Ruhr genannt, wird ein Darmabschnitt des Huhnes befallen. Leitsymptom der Erkrankung sind eine beschmutzte Kloakenumgebung mit teils massivem Durchfall. Die Einzeller der Gattung Eimeria sind hoch infektiöse Parasiten und führen oft zum Tod der Tiere.
Ektoparasiten wie Milben, Federlinge und Läuse sind nicht zwingend auf dem Huhn zu erkennen. Bei Kalkbeinen ist ein Befall von Grabmilben offensichlich; Kratzspuren beachten, unter den Flügeln nachschauen, Stall auf Ektoparasiten absuchen.
Die Ornithose ist eine bakterielle Erkrankung, welche symptomlos verlaufen kann. Teils äußert sie sich in unspezifischen Symptomen wie Fieber, Apathie und Fressunlust. Die Behandlung erfolgt mit diversen Antibiotika. Eine Übertragung auf den Menschen (Zoonose) ist möglich.
Mykoplasmen sind Bakterien ohne Zellwand. Bei herabgesetztem Immunsystem zeigen Hühner erkältungsähnliche Symptome. Die Diagnosestellung gestaltet sich schwierig; erkrankte Tiere werden mit Antibiotika behandelt.
Newcastle Disease, synonym für atypische Geflügelpest, ist eine anzeigepflichtige, virale Erkrankung. Bei akutem Verlauf betragt die Mortalitätsrate fast 100 Prozent. Der Paramyxovirus führt nach einer vier bis sechstägigen Inkubationszeit zu folgenden Symptomen: Fieber, Abgeschlagenheit, Durchfall, Einstellen der Legeleistung, dunkle Kammverfärbung und Atemnot. Infizierte Tiere müssen getötet werden. Die vorgeschriebene Impfung erfolgt meist über das Trinkwasser.
Die Salmonellose ist eine bakterielle Infektion. Küken und Junghühner zeigen Symptome wie Durchfall, Apathie und erhöhten Flüssigkeitsbedarf, Exsikkose (Austrocknung), Fieber und teilweise Tod, während erwachsene Hühner meist weniger Symptomatik an den Tag legen. Mit Salmonellen infizierte Althühner haben blasse Kämme, Durchfall, vermehrten Durst und die Hennen eine verminderte Legeleistung. Die Salmonellose kann auf den Menschen übergehen (Zoonose). Eier und Fleisch können Salmonellenträger sein. Während bei der Legehennenaufzucht eine gesetzliche Impfpflicht vorgeschrieben ist, gilt dies nicht für die Hobbyhaltung. Effiziente Hygienemaßnahmen sind obligat. Trinkwasserbehälter mit Essigwasser auswaschen, da der Erreger ein saures Milieu meidet.
Tipps zum Wohle Ihrer Hühner
Es gibt keinen absoluten Schutz vor dem Auftreten von Krankheiten, doch Sie als Hühnerhalter tragen die Verantwortung für des Wohlergehen Ihrer Tiere. Wann immer Sie Neuzugänge bekommen, lassen Sie diese Hühner niemals direkt zum Altbestand. Es ist lebenswichtig für Ihre Tiere, dass Sie eine Quarantänezeit einhalten. Sie können viele Krankheiten mit bloßem Auge nicht sehen und scheinbar gesunde Tiere können Krankheitsträger sein und andere Tiere anstecken.
Gängige Praxis ist, dass einige Hühnerverkäufer beim Anschneiden des Themas Krankheit brüskiert reagieren und behaupten, ihre Tiere seien gesund. Es geht hier nicht um das Schlechtmachen von Vekäufern, sondern einzig um die Gesundheit der Tiere. Sie mögen bislang immer gesunde Neuzugänge direkt mit ihren bisherigen Hühnern vergesellschaft haben. Das ist Glück für Sie und Ihre Tiere, doch es bleibt ein Glücksspiel, welches auch anders enden kann. Des Weiteren ist es ratsam, dass Sie die gesetzlich vorgeschriebene Impfpflicht für Hühner erfüllen.
Warten Sie beim Krankheitsfall eines Huhnes nicht, es angemessen behandeln zu lassen. Eine Bagatellisierung der Krankheit kann dem Huhn das Leben kosten. Sparen Sie nicht am falschen Ende und lassen bei verendeten Tieren die Todesursache bestimmen. Je nach Krankheit lässt sich der restliche Bestand eventuell schützen oder erfolgreich behandeln. Falls von Gesetzes wegen Stallpflicht herrscht, sollten Sie vorgesorgt haben und ausreichend Platz für Ihre Hühnerschar haben, obwohl sie nicht unter freiem Himmel sein darf. Denken Sie bei der Planung von Hühnerstall und Umgebung an dieses Szenario. Füttern Sie Ihre Tiere nur im Hühnerstall, um einer Ausbreitung /Ansteckung durch Wildvögel vorzusorgen (insbesondere Salmonellose).
Hühnerhaltung hat ihre Herausforderungen und selbst der ambitionierteste Hühnerhalter kann Tiefschläge erfahren. Das erfolgreiche Meistern aller Hürden und das Wissen, dass man seine Tiere so gut es geht pflegt, machen dieses Hobby so lohnenswert. ‚Das kranke Huhn‘ bleibt somit hoffentlich eine Ausnahme.