Das Vogelgrippe-Virus und seine Varianten
Die Geflügelpest bzw. aviäre Influenza, die umgangssprachlich auch als Vogelgrippe bezeichnet wird, ist eine Tierseuche, die durch Viren hervorgerufen wird.
Bei diesen Viren handelt es sich um das Influenzavirus A mit den Subtypen H5 oder H7.
Sie betrifft, wie schon der Name verrät, vorwiegend Geflügel wie Hühner, Gänse, Puten, Enten oder auch Wildvögel und ist für den Menschen grundsätzlich nicht gefährlich. Dennoch sind einige Varianten des Virus bei engem Kontakt zum Geflügel auch für den Menschen infektiös.
So sind bisher etwa 1000 Fälle einer menschlichen Ansteckung mit der Geflügelpest bekannt. Die Mehrheit dieser Fälle trat in Asien auf. Die Sterberate liegt bei Menschen zwischen 20 und 50 Prozent, bei Geflügel aber führt sie in den meisten Fällen zum Tod.
Gefährlich ist die Vogelgrippe dadurch, dass sie auch von unbelebten Vektoren (Überträgern) verbreitet werden kann. Sie wird also nicht nur von Huhn zu Huhn weitergetragen, sondern kann auch Kleidungsstücken o.ä. anhaften.
Die Vogelgrippe ist keineswegs ein neues Phänomen, bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ist sie als Tierseuche bekannt.
War sie damals noch selten und eher harmlos, treten seit Mitte der 1990er Jahre auch gefährliche Unterarten der Geflügelpest auf. Hongkong gilt als Ursprungsort der Seuche, die 1997 zunächst Hühner befiel. Ab 2003 tauchte der Erreger in Südostasien auf und erreichte schließlich zwei Jahre später auch Europa.
Geflügel wie Enten, Tauben oder Gänse können sich zwar mit dem Virus infizieren, zeigen in ihrem Krankheitsverlauf aber wenige bis gar keine Symptome. Sie fungieren lediglich als Wirte und Überträger der Influenza. Darin besteht eine besondere Gefahr für Hühner bzw. deren Halter, da Hühner deutlich stärkere Symptome zeigen und ihre Infizierung meist mit gravierenden Folgen verbunden ist.
Die Varianten der Vogelgrippe
Die Vogelgrippe tritt unter anderem in den Varianten H7N9, H5N1 oder H7N2 auf. Diese spezifizieren die genaue Art des Virus, das die Infektion auslöst, und bezeichnen damit die Eiweiße, die sich auf der Oberfläche des Virus befinden und es so charakterisieren.
Zu diesen Eiweißen zählen Hämagglutinase (H), von der bislang 16 verschiedene Typen bekannt sind, und Neuraminidase (N), bei der man von 9 Typen ausgeht. Diese Proteine sind es auch, die das Huhn angreifen.
Man unterscheidet zwischen den Infektionsarten, die starke Symptome auslösen (hochpathogenes Virus) und jenen, die nur schwache Symptome zur Folge haben (niedrigpathogenes Virus).
Eine weitere Besonderheit der Influenza ist ihre enorme Anpassungsfähigkeit bzw. Neigung zu Mutationen. Sie kann ihre Oberflächenstruktur immer wieder derart ändern, dass sie ideal zu ihrem aktuellen Wirt passt. Somit können sogar Mehrfachinfektionen auftreten.
Entwickelt der Körper des Huhns Antikörper zur Bekämpfung des Virus, kann dieses schlicht mutieren und die Antikörper so wirkungslos machen. Auch die Krankheitswirkungen können sich im Zuge dieser Mutationen verändern, was die Erstellung verlässlicher Diagnosen anhand der Symptome erschwert.
Ein weiteres Beispiel des Ausmaßes dieser Veränderungen sind auch die hochpathogenenen Varianten der Krankheit. Die hochpathogenen Varianten haben kein natürliches Reservoir, weshalb Virologen vermuten, dass sie sich durch Mutationen aus niedrigpathogenen Subtypen der Geflügelpest entwickelt haben. Auf diese Weise ist es der Vogelgrippe auch möglich, ihren bevorzugten Wirt durch eine Veränderung des Erbguts zu variieren.
Daraus erwächst eine besondere Gefahr für Hühnerhalter: Man kann sich nicht nur auf den Schutz des Hühnerbestands vor bestimmten Wildvögeln beschränken, sondern muss gegebenenfalls sogar darauf vorbereitet sein, dass auch andere Tierarten einen Infektionsherd für die eigenen Hühner darstellen können.
Ursachen und Übertragung der Vogelgrippe
Wildgeflügel (im Besonderen Enten und sämtliche andere Wasservögel) gelten als Ursprung und Träger des Virus. Sie verbreiten es dabei, ohne selbst infiziert zu sein.
Die Krankheit kann sowohl direkt als auch indirekt übertragen werden.
Auf direktem Wege wird das Virus von den Vögeln über die Atemwege sowie Exkremente und Sekrete abgesondert.
Indirekt kann das Virus durch den Menschen, aber auch Fahrzeuge, Futter oder Mist übertragen werden.
Innerhalb des Hühnerbestands kann sich die Influenza rasend schnell ausbreiten, insbesondere, wenn die Tiere eng zusammengepfercht sind. Zudem wird die Vogelgrippe leichter zwischen Angehörigen derselben Spezies weitergegeben. So wird die Verbreitung in einem reinen Hühnerbestand stärker begünstigt als die Übertragung zwischen (beispielsweise) Huhn und Pferd.
Tipp: Achten Sie auf die akribische Reinigung und Desinfizierung von (Arbeits-)Kleidung, Schuhen und Händen, um das Übertragungsrisiko möglichst gering zu halten.
Die Ansteckung selbst erfolgt über die Atemwege oder den Kontakt mit dem Kot eines infizierten Tieres. Das Virus breitet sich anschließend über die Atem- und Verdauungsorgane im Körper aus, kann aber auch auf weitere Organe überspringen.
Symptome der Vogelgrippe
Von der Vogelgrippe betroffene Hühner treten generell geschwächter auf als gesunde Artgenossen. Dies äußerst sich unter anderem in:
- Apathie,
- Appetitlosigkeit,
- Fieber und erschwerter Atmung des Geflügels
Außerdem weisen infizierte Hühner ein stumpfes und struppiges Federkleid auf und können Ödeme und Blauverfärbungen der Haut und Schleimhäute bekommen. Zusätzlich kriegen sie häufig Durchfall und leiden unter motorischen sowie neurologischen Störungen.
Hühner, die chronisch infiziert sind, legen weniger Eier, die zudem dünnere Wände haben oder teilweise gar keine Schale besitzen.
Im schlimmsten Fall kann das Geflügel auch an der Infektion sterben. Ein wichtiger Faktor ist dabei das Alter des infizierten Huhns sowie die Pathogenität des Erregers. Auch klimatische Bedingungen spielen eine Rolle, denn niedrigere Temperaturen schwächen das Immunsystem der Hühner zusätzlich und machen sie so für eine Ansteckung anfälliger.
Noch dazu ist das Vogelgrippe-Virus kaum kälteempfindlich, dafür aber weniger hitzeresistent. Es überlebt beispielsweise bei Körpertemperatur nur ungefähr sechs Tage und wird bei Temperaturen, die 70 Grad überschreiten, sogar inaktiviert.
Besonders starke Erreger können das Huhn sogar töten, bevor es überhaupt Symptome zeigt.
In industriellen Betrieben kann selbst der gesamte Hühnerbestand der Infizierung binnen etwa vier Tagen zum Opfer fallen.
Varianten geringerer Pathogenität führen zu einer geringeren Bereitschaft der Tiere, Wasser und Futter aufzunehmen, beeinträchtigen die Atemwege und lassen Hähne nur schwer an Gewicht zunehmen.
Das Virus hat eine kurze Inkubationszeit von nur wenigen Stunden bis zu maximal 20 Tagen und einen schnellen Krankheitsverlauf.
Hinweis: Unabhängig von der Virulenz (Ansteckungspotenz) des Erregers kann eine Infektion die Legeleistung des Huhns auch nach der Genesung noch beeinträchtigen, sodass sich einmal infizierte Hennen in dieser Hinsicht nicht mehr erholen. Dies macht die Vogelgrippe zu einer besonders gefährlichen (da wirtschaftlich desaströsen) Krankheit.
Feststellung und Behandlung der Vogelgrippe
Die Vogelgrippe ist eine anzeigungspflichtige Tierseuche. Besteht der Verdacht,dass der Bestand von ihr befallen ist, muss dies dem örtlichen Veterinäramt gemeldet werden. Anschließend nimmt das Amt Proben und lässt diese in einem amtlichen Labor überprüfen.
Sofern sich der Verdacht bestätigt, wird eine Sperrzone mit einem Durchmesser von 3 km und eine Beobachtungszone von 10 km rund um den Betrieb errichtet.
Diese Isolierung dient der Eindämmung des Infektionsrisikos und der Verhinderung einer weiteren direkten Verbreitung. Gleichzeitig sollen auch sämtliche Faktoren einer indirekten Übertragung minimiert werden, indem der Bestand gesäubert und desinfiziert wird. Nach diesen Hygienemaßnahmen wird ein Betretungsverbot verhängt.
Tierärzte, Veterinärämter und Pathologen können eine Vogelgrippe-Diagnose erstellen. Der tatsächliche Nachweis der Krankheit erfolgt neben der Feststellung der typischen Symptome über den Erregernachweis im Blut oder sogenannte anatomisch-histopathologische Untersuchungen, das heißt mithilfe von Gewebeproben.
Tipp: Selbst, wenn nur der geringste Verdacht besteht, sollte dieser dem Veterinäramt gemeldet werden, da der Ausbruch der Seuche verheerende Folgen haben kann, sowohl für Ihren als auch für weitere Bestände. Dabei spielt auch die Anzahl der gehaltenen Hühner keine Rolle, die Meldepflicht gilt für Hobby- wie für gewerbliche Halter gleichermaßen.
Sofern ein Huhn bereits infiziert ist, kann man ihm antivirale Medikamente verabreichen, wie z.B. Zanamivir oder Oseltamivir. Diese wirken allerdings ausschließlich, wenn die Infektion kurze Zeit zurückliegt. Nur dann können sie die Ausbreitung des Virus im Körper des Huhns verhindern.
Liegt die Ansteckung bereits einige Zeit zurück, können lediglich noch die Symptome der Vogelgrippe bekämpft werden. Eine intensive Versorgung des Huhns mit Flüssigkeit und Salz sowie Maßnahmen, um das symptomatische Fieber zu senken, lindern zumindest die Beschwerden des Huhns.
Auch Medikamente gegen eine Lungenentzündung (Pneumonie) sind hilfreich, da das geschwächte Immunsystem des Tiers für eine solche Erkrankung noch anfälliger ist.
Ob eine derartige Behandlung der Hühner tatsächlich lohnenswert ist, liegt letztendlich im Ermessen des Halters. Sofern die Erreger nicht sofort bekämpft werden, ist zumindest nicht mit einer vollständigen Erholung des Huhns zu rechnen.
Die Keulung des infizierten Bestands ist in jedem Falle die (rechts-)sicherere und einfachere Lösung.
Bereits tote Hühner müssen derartig unschädlich gemacht werden, dass das Übertragungsrisiko vollständig eliminiert wird. Die Verbrennung ist beispielsweise ein solches Mittel. Wenn sich die Todesfälle häufen, ist aber ein Tierarzt oder Veterinäramt zu Rate zu ziehen.
Vorbeugung der Vogelgrippe
Der Hühnerbestand sollte vor Wildvögeln, den Hauptträgern des Virus, geschützt werden. Deshalb besteht in Deutschland auch ein Außenfütterungsverbot, um genau dieser Gefahr entgegenzuwirken. Natürlich können die Viren dennoch in den Betrieb gelangen, beispielsweise durch Wildvogelkot, zumindest ist das Risiko so aber eingedämmt.
Eine Impfung der Hühner ist zwar möglich, hat allerdings eher nachteilige Effekte. Die Tiere können sich trotz der Impfung noch anstecken, der einzige Unterschied besteht darin, dass sie nach dem Virusbefall keine Symptome mehr zeigen. Die Impfung macht es somit noch schwerer, eine Infizierung des Bestands zu diagnostizieren, ohne gleichzeitig eine der Krankheit vorbeugende Wirkung zu haben.
Achtung: In Deutschland und der EU ist eine prophylaktische Impfung gegen Vogelgrippe verboten. Quelle: 2005/94/EG
Von Regierungsseite empfohlene Maßnahmen sind unter anderem das Tragen von Schutzkleidung, der strikte Schuhwechsel, bevor man den Hühnerstall betritt, sowie eine Desinfektion bzw. ausreichende Reinigung der Hände.
Gesetzlicher Rahmen rund um die Vogelgrippe
Die Bekämpfung der Vogelgrippe richtet sich in Deutschland nach den Bestimmungen des Tierseuchengesetzes sowie der Geflügelpest-Verordnung, die auf Grundlage ersterer erlassen wurde. Sie setzt unter anderem auch das Verbot der vorbeugenden Impfung fest.
Auch die 2010 neugefasste Viehverkehrsverordnung ist relevant. Sie bestimmt, dass jeder Hühnerhalter das zuständige Amt unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift über die Anzahl der im Jahresdurchschnitt voraussichtlich gehaltenen Tiere, ihre Nutzungsart und ihren Standortes zu informieren hat.
Die Geflügelpest-Verordnung schreibt außerdem vor, dass angegeben werden muss, ob die Hühner im Freien oder in Ställen gehalten werden.
Auch muss der Halter registrieren, welche Zu- und Abgänge sein Bestand erfährt und welches Transportunternehmen und welcher bisherige/künftige Tierhalter hierfür verantwortlich sind, und zwar unter Angabe des Namens und der Anschrift.
Bestände, die 100 Hühner überschreiten, müssen schriftlich festhalten, wie viele Tiere pro Werktag verenden.
Noch dazu verlangt die Norm, dass Geflügel nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen gefüttert und getränkt wird. Außerdem sind Futter und Einstreu vor Wildvögeln geschützt zu lagern.
Auch für die Früherkennung bestehen gesetzliche Rahmenbedingungen aus der Geflügelpest-Verordnung. So muss im Falle von mindestens drei Verlusten innerhalb eines Tages bei einer Bestandsgröße von 100 Hühner bzw. zwei Prozent bei einer Bestandsgröße, die 100 Hühner überschreitet, muss der Halter einen Tierarzt zu Rate ziehen, um ein Ausbrechen der Vogelgrippe auszuschließen. Gleiches gilt, wenn sich die Legeleistung oder die Gewichtszunahme in diesem Zeitraum stark verändern.
Wer mehr als 1.000 Hühner hält, muss außerdem über die Anzahl der pro Werktag gelegten Eier Buch führen.
Verbreitung der Vogelgrippe im deutschsprachigen Raum
Erstmals erreichte die Vogelgrippe Deutschland im Jahre 2006, nachdem sie vorher bereits zahlreiche Menschen und Tiere in Asien befallen hatte. Daraufhin erließ die Bundesregierung ein Forschungsprogramm, um die Diagnostik der Vogelgrippe voranzutreiben und Impfstoffe für Mensch und Tier zu entwickeln.
Seit 2016 tritt die Vogelgrippe nach zweijähriger Abwesenheit wieder in Deutschland auf. Dabei handelt es sich um die H5N8-Variante, die aus Ostasien kommt. In Deutschland erreichte sie zunächst Schleswig-Holstein und anschließend Nordrhein-Westfalen. Im November 2016 konnte der Erreger auch in der Bodenseeregion festgestellt und wenige Tage später auch in Österreich nachgewiesen werden. In der Folge wurde die zuvor erwähnte Stallpflicht verhängt.
Die neue Variante der Geflügelpest ist deutlich aggressiver als ihr Vorgänger. Ihre Virulenz ist um den Faktor 100 höher als jene der Vogelgrippe von 2006.
Auch zu Ende des Jahres 2017 bzw. Beginn des Jahres 2018 wurden in Deutschland wieder infizierte Tiere entdeckt. So wurde am 7. Januar der Fund einer Ente mit Vogelgrippe in Dachau gemeldet. Zwar sei dieses Vorkommnis laut Landratsamt weder ungewöhnlich noch besorgniserregend, von einer völligen Vertreibung der Vogelgrippe aus dem deutschsprachigen Raum ist allerdings nach aktuellem Stand nicht auszugehen.
Jedenfalls gilt es für Hühnerhalter weiterhin, auf Ausbrüche des Virus vorbereitet zu sein, die gesetzlichen Vorschriften zu beachten und beim Verdacht auf eine Infizierung umgehend die zuständigen Stellen zu informieren.