Was ist eine Verhaltensstörung?
Tierarten die zu den Kategorien der Vögel zählen besitzen ein sehr umfangreiches Repertoire an Verhaltensweisen die angeboren sind. Ursprünglich dienten diese Verhaltensweisen wild lebenden Hühnern dem Überleben. Hühner neigen beispielsweise dazu die Pickbewegung ständig auszuüben, dabei nehmen sie dann Futter auf oder legen größere Wege zurück. Ausgelöst wird das Pickverhalten durch alles was in Größe, Farbe oder Glanz für das Huhn Futter darstellt. Auch neigen Hühner dazu zu Scharren und sich im Staub zu baden.
Sind diese natürlichen Verhaltensweisen gestört, zum Beispiel durch feste Futterzeiten in denen die Hühner ausschließlich hier Nahrung erhalten oder andere Gegebenheiten, kann es zu Verhaltensstörungen kommen. Darunter zählen Eigenarten wie Federnpicken, Zehenpicken oder sogar Kannibalismus. Der zuvor natürlich ausgelebte Trieb nach Körnern zu picken wird dann auf andere Reize ausgeweitet.
Wo zuvor nach Körnern oder Käfern gepickt wurde, wird nun nach anderen glänzenden, rundlichen Gegenständen gepickt. Dabei können dann die Federkleider der Kollegen ins Ziel gefasst werden.
Eine Verhaltensstörung ist also recht einfach formuliert die Abweichung von angeborenem oder typischem Verhalten, im Sinne einer negativen Einschränkung. Diese kann dann zu einem extremen oder aggressiven Verhalten führen.
Wie wirkt sich die Verhaltensstörung auf Hühner aus?
Das erste Anzeichen der Verhaltensstörung ist in der Regel Federnpicken. Auffallend sind dann stellenweise gerupftes Federkleid, blanke Hautpartien oder sogar offene Wunden. Dann heißt es schnell zu Handeln. Der Spruch „Jemand hat Blut geleckt“ kommt hierbei nicht von ungefähr. Schmecken die Hühner Blut, wobei bereits kleine Mengen ausreichen, kann dies den Anreiz zu picken weiter verstärken. Zudem kann dieses gestörte Verhalten auf andere Hühner überspringen, da sie sich die neuen Verhaltensweisen ab schauen und nachmachen. Im schlimmsten Fall weitet sich diese Verhaltensstörung des Federnpickens innerhalb weniger Tage auf den gesamten Bestand aus.
Dabei lassen sich drei Hauptsymptome ausmachen. Federnpicken, Zehenpicken und Kannibalismus.
Federnpicken ist in der Regel das erste Symptom. Am sinnvollsten ist es daher die Hühner eine Zeitlang zu beobachten und dann festzuhalten welche Hühner Auslöser sind. Nachdem Sie herausgefunden haben welche Hühner das Problem sind, sollten Sie diese schnell vom Rest der Herde trennen.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit von adaptivem Verhalten bei Verhaltensstörungen?
Eine „Ansteckungsgefahr“ bei Verhaltensstörungen, ähnlich wie es beim parasitären Befall abläuft gibt es in diesem Fall nicht. Da hier weder Bakterien noch Parasiten die Störung auslösen, kann diese nicht auf andere Hühner überspringen. Problematisch ist lediglich die Tatsache des „Abschauens“. Man nennt dieses Verhalten auch klassisches Konditionieren – Lernen durch Beobachten. Auch wenn die Verhaltensweisen hier negativer Natur sind.
Da alle Hühner im Stall durch die Abläufe eingeschränkt sind, können sich die Verhaltensstörungen durch Beobachtungen schnell auf die anderen Hühner übertragen.
Was kann man gegen die Krankheit und seine Symptome unternehmen?
Da das Verhalten in erster Linie durch Einschränkungen ausgelöst wird macht es Sinn diese wiederum angemessen zu verändern. Ein Grund könnte sein, dass sich die Hühner zu eingeschränkt fühlen. Es wäre daher sinnvoll das Auslaufgehege zu vergrößern oder die Stallfläche zu erweitern. Dahingehend wäre auch eine Aufteilung der Schar ratsam und diese in unterschiedlichen Gehegen zu halten. Je mehr Fläche die Hühner zur Verfügung haben, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit das die Ausübung des Pickreflexes auf andere Hühner übertragen wird. Damit die Hühner wie gewohnt Scharren ist es auch ratsam immer trockenes Streu zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich dazu sollten Sie auch flache Teller mit Sand oder Sägespänen bereitstellen damit die Hühner Staubbaden können. Das angeborene Pickverhalten kann auch außerhalb der Fütterungszeiten durch Körnerschrot gefördert werden, da es die Beschäftigung der Hühner anregt.
Fördern Sie dieses natürliche Verhalten der Hühner ist ein Umschwung zu einem aggressiven Verhalten wie Zehenpicken oder Federnpicken eher unwahrscheinlich.
Generell gilt das Hühner die Möglichkeit zur freien Bewegung bekommen sollten damit sie ihre normalen Verhaltensweisen ausüben können, dies ist auch der Grundstein der artgerechten Haltung. Achten Sie daher auf eine ausreichende Stallgröße und eine große Auslauffläche. Auch bei Hühner gibt es verschiedene Ränge. Niedriggestellte Hühner sollten in der Lage sein den ranghöheren Hühnern ausweichen zu können und ihre Aufmerksamkeit auf die richtigen Beschäftigungen zu lenken.
Kannibalismus, hier die aggressivste und stärkste Form der Verhaltensstörung die nach dem Federnpicken erfolgt ist nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf ein Erkundungsverhalten zurückzuführen. Dabei muss man zwischen aktiven und ruhigen Hybridrassen unterscheiden. Aktivere Rassen neigen dabei häufiger zu Kannibalismus. Meistens sind auch die Eier der Hühner betroffen. Um das Verhalten zu reduzieren ist es sinnvoll die Rassen getrennt voneinander zu halten, da die ruhigeren Hühner das Picken oft über sich ergehen lassen und sich nicht wehren. Dies verschlimmert zum einen die Situation im allgemeinen für das betroffene Huhn selbst und erlaubt den aktiven Hühnern das Verhalten weiter auszuüben. Ohne menschliches Eingreifen kann diese Form des Kannibalismus dann zu massiven Blutungen oder sogar zum Tod des Huhns führen.
Wann sollte ein Tierarzt aufgesucht werden?
Prinzipiell sollte ein Tierarzt aufgesucht werden wenn bereits entstandene Wunden oder Schäden behandelt werden müssen. Gegen das neu gelernte Verhalten kann ein Tierarzt allerdings auch nichts ausrichten. Halten Sie sich daher strikt an die oben beschriebenen Tipps und achten Sie auf eine artgerechte Haltung.